
Die Therapie – Beginn eines neuen Lebensabschnitts
Es ist wirklich faszinierend, was unser Körper alles aushalten kann.
Man bekommt durch die Therapie Zellgifte injiziert, welche ja nicht nur die Krebszellen töten, sondern auch die gesunden Zellen angreifen. Der Körper schafft es sich davon fast komplett zu regenerieren. Die ein oder andere Nebenwirkung bleibt etwas länger, manche sogar ein Leben lang, dennoch ist es absolut bewundernswert, wie gut der Körper sich erholen kann und neue Zellen generiert.
Das beste Beispiel sind die Haare. Sie fallen aus und beginnen nach kurzer Zeit wieder nachzuwachsen. Man hört sogar von älteren Menschen, welche bereits ergraut waren, dass Ihre Haare in alter Farbe und vollstem Volumen wiederkamen.
Der Anfang
Am Anfang habe ich mich extrem bemüht mir meinen eigenen Alltag zu schaffen, damit ich erst gar nicht in ein tiefes Loch fallen würde. Ich versuchte mir das Gitarrenspiel beizubringen, übte mich in Meditation und beschäftigte mich viel mit Büchern. Als ich im Februar den Weg zum Yoga fand, wurde mein Gespür für das, was mein Körper braucht, immer besser.
Dennoch war es ein stetiges Auf- und Ab. Alle 14 Tage auf ein Neues.
Der Therapie-Zyklus
Tag 1:
Jeder Zyklus startete mit einer Antikörpertherapie. Hiervon merkte ich, abgesehen von etwas Müdigkeit und Benommenheit, so gut, wie gar nichts.
Tag 2:
Am darauffolgenden Tag begann die Chemotherapie. Diese Tage waren mit viel Schlaf verbunden. Bereits eine Stunde nach dem anschließen an die Therapie, überkam mich eine unbeschreibliche Müdigkeit und ich begann zu schlafen und schlief meistens den kompletten Tag durch.
Was meistens direkt mit diesen Nächten begann, war ein nächtliches Ausschwitzen, der Chemotherapie, was wirklich sehr unangenehm war und ich regelmäßig in der Nacht meine Kleidung wechseln musste. Hier hieß es Augen zu und durch. Ab Tag 5 reduzierte sich das Schwitzen zum Glück langsam wieder.
Tag 3:
An diesen Tagen war meist kaum eine Nebenwirkung merkbar. Lediglich leichte Übelkeit und etwas Müdigkeit überkamen mich. Abends durfte mir mein Freund regelmäßig eine Neulasta-Spritze in den Bauch pieksen, welche es echt in sich hatte! Diese Spritze ist dafür zuständig, die Produktion der weißen Blutkörperchen im Knochenmark anzuregen. Sie ist eine geniale Begleitung, allerdings mit furchtbaren Nebenwirkungen, wie z.B. starken Knochenschmerzen.
Tag 4:
An diesem Tag ging es meist erst so richtig bergab. Mal abgesehen davon, dass ich meiner Kräften völlig beraubt wurde, mich absolut nicht mehr konzentrieren, geschweige denn mir etwas merken konnte, hatte ich an diesem und dem darauffolgenden Tag (Tag 5) die stärksten Nebenwirkungen. An Tag 5 der Therapie fing auch die Neulasta-Spritze so richtig an zu wirken. Es gab Momente an denen ich einfach nur am Tisch saß und alle 30 Sekunden einen pulsierenden, starken Schmerz durch meine Knochen spürte. Diese konnte ich zumindest um 50% durch Paracetamol eindämmen.
Tag 5:
Der sentimentale Tag. Generell bin ich nicht so nah am Wasser gebaut, aber an diesen Tagen nahm mein Körper wohl alle Emotionen zusammen, die er finden konnte und überschüttete mich damit. Man konnte fast die Uhr danach stellen, so absehbar war es.
Es gab Tage während der Therapie, an denen dachte ich: „Warum ich?! Wieso habe ich mit 30 Jahren schon das zweite Mal Krebs???“und in den nächsten Momenten, waren es meine Haare, welche sich verabschiedeten und mir ein Tränenmeer bescherten.
Da man so viel Zeit mit sich selbst verbringt, denkt man natürlich auch über alles im kleinsten Detail nach, hinterfragt sehr viel und reflektiert sich.
Ich fand mich also damit ab und gab mich meinen Emotionen hin. Auch diese Tagen, an denen alles scheiße ist, müssen sein und gehören mit dazu. Mein Partner war mir stets eine sehr hilfreiche Stütze, schaffte es mit viel Geduld, mich immer wieder aufs Neue aufzubauen und gab mir immer wieder neuen Mut.
Tag 6:
Endlich ging es bergauf. Meist jeden Morgen des 6. Tages, wachte ich auf und merkte, wie es mir schon deutlich besser ging. Übelkeit und Schlappheit waren zwar immer noch treue Begleiter, allerdings schon mit wesentlich weniger Präsenz. Meist versuchte ich an diesen Tagen meine ersten Schritte in die Öffentlichkeit in Verbindung mit dem Wocheneinkauf. Dies endete meist so, dass ich meinen Freund im Laden zurück ließ und mich vor lauter Erschöfung schon mal ins Auto setzte. Dennoch der Versuch war es wert, denn so führtet ich meinen Körper immer wieder langsam zum „Alltag“ zurück. Jedes Mal auf ein Neues.
Tag 7:
An Tag 7 merkte ich dann endlich eine deutliche Verbesserung. Meist machten sich am Vormittag noch einige Nebenwirkungen bemerkbar, die ich allerdings am Nachmittag gut durch einen Spaziergang wieder in den Griff bekam. Frische Luft wirkte hier deutlich Wunder. An Tag 8 wurden in der Regel meine Blutwerte kontrolliert. Dies ist zum einen wichtig um Infekten oder Entzündungen gar nicht erst den Spielraum zu lassen und zum anderen zu stark abgefallenen Blutwerten durch verschiedenste Weisen wieder auf die Sprünge zu helfen. So ging es ab Tag 7 der Therapie so langsam wieder bergauf bis ich mich an Tag 14 wieder durchaus regenerierter fühlte. An Tag 15 begann dann wieder alles von vorn. Über 8 Zyklen, sprich 4 Monate.
Im Juni 2019 begann die Strahlentherapie. Diese Zeit habe ich ausführlich in einem separatem Beitrag zusammengefasst:Die Strahlentherapie.
Während der gesamten Therapie beschäftigte ich mich sehr intensiv mit dem Thema Krebs und seiner Entstehung. Mir war es wichtig zu wissen, woher es denn erneut entstanden ist. Hier habe ich leider nie eine richtig Aussage der Ärzte bekommen, da man das wohl bei meiner Krebsart nicht so richtig sagen kann.
Was aber immer wieder auffällig ist, ist das Thema „Pestizide und chemische Zusätze“. Es steht im Verdacht, dass Pflanzenschutzmittel und sämtliche chemischen Zugaben in Kosmetika & Co. ein Auslöser sein können.
Thema Ernährung
Da ich fest beschlossen habe, dass dieses Mal das Letzte sein wird, habe ich mich sehr intensiv mit dem Thema Ernährung beschäftigt. Auch auf Rat meiner Ärztin kaufe ich so gut es geht nur noch ungespritzte und unverarbeitete Lebensmittel. Natürlich lässt sich in der heutigen Zeit nicht alles auf Pestizide kontrollieren und man sollte sich auch nicht allzu verrückt machen, was das Thema angeht, dennoch bin ich wesentlich achtsamer im Umgang mit meinem Körper geworden und habe nun einen guten Mittelweg für mich finden können.
Unter der Woche kochen wir nun seit einem halben Jahr zum Großteil frisch und weitestgehend mit Bio-Produkten. Sollte man dann ab und an mal Essen gehen, wo sich die Qualität der Produkte nicht prüfen lässt, steckt das der Körper sicherlich das ein oder andere Mal besser weg. Die Dosis macht ja schließlich das Gift.
Ja, und auch Zucker und das Thema Alkohol spielen eine große Rolle im Bezug auf die Prävention. Hier wird es einen ausführlicheren Beitrag zu dem Thema „Ernährung in Verbindung mit Krebsprävention“ geben.
Am Leben teilnehmen
Für mich war es während der Therapie von großer Bedeutung, so gut es ging am „normalen“ Leben teilzunehmen.
Je nach aktuellem Befinden, hat es mir total gut getan, mich ab und an mit meiner Familie und Freunden auf einen Kaffee oder ein Abendessen zu verabreden. Es lenkt zum einen wunderbar ab und man kommt mal aus seinen vier Wänden heraus, in denen man während der Therapie ja schon viel Zeit verbringt.
Wichtig ist es einfach allzu große Menschenmassen, aufgrund der Ansteckungsgefahr, zu meiden. Ebenso sollte man auf rohe Lebensmittel, wie Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse, aufgrund der Keimbelastung, verzichten. Der Körper steckt die Keime im gesunden Zustand in der Regal gut weg, allerdings kann er sich während der Therapie, bei der der Körper und sein Immunsystem doch sehr geschwächt sind, nicht dagegen wehren und jeder Infekt kann lebensgefährlich werden. Somit ist es also ratsam außerhalb nur gut durchgekochtes oder gebratenes zu verzehren.
Ebenso Balsam für die Seele waren zwei kleine Kurzurlaube ans Meer. In der Regel lässt sich so ein Ausflug gut mit den Ärzten absprechen. Alleine sich ins Auto zu setzen und nur wenige Kilometer wegzufahren, lässt einen schon gut vom Therapie-Alltag abschalten und neue Kraft für das Kommende tanken.
Der Blog
Die Idee dieses Blogs entstand erst Ende März. Ich habe ihn erstellt um Angehörigen und Betroffenen zum einen Mut zu machen und im Bestfall den ein oder anderen Tipp mit auf den Weg geben zu können und zum anderen habe ich für mich so eine gewisse Regelmäßigkeit und Beschäftigung im Therapie-Alltag gefunden. Nebenbei merke ich zudem, wie gut es mir hilft das Geschehene zu verarbeiten. Ich kann jedem sehr ans Herz legen seine Gedanken und Dinge, welche einen beschäftigen schriftlich niederzulegen. Dies hilft in vielen Situationen und schafft den Ballast aus dem Kopf!
Was ich von dieser Zeit gelernt habe
Natürlich kann man sich hinsetzen und sagen, dass alles scheiße ist. Nur sollte man sich immer wieder im Leben fragen, was man davon hat und was einen nach vorne bringt. Entweder gibt man der Krankheit die Kraft das eigene Leben zu kontrollieren oder man nimmt es selbst in die Hand, erkennt die positiven Seiten und macht das Beste daraus!
Ich habe während der Therapie gelernt deutlich achtsamer und bewusster mit meinem Körper zu sein. Das fiel gerade mir, als doch sehr aktiver Mensch, am Anfang ziemlich schwer. Man nimmt seinen Körper immer so als selbstverständlich war, doch ist er das wichtigste und wertvollste, was wir in unserem Leben haben! Es ist so wichtig ihm zuzuhören und ihm das zu geben, was er braucht und ihn zu pflegen. Das heißt auch mal zurück zu rudern, ihm Ruhe zu schenken und sich auch mal im Nichtstun zu üben.
Sei dankbar für deinen Körper und seine wundervolle Leistung, die er für dich erbringt.
Wie gut mir Sport während der Therapie geholfen hat, findest du in meinem Beitrag: Sport und Bewegung während der Chemotherapie

